Samstagmorgen, halb zehn in Deutschland. Du schlägst die Zeitung auf und siehst den rotschwarzen Anzeigenteil einer bekannten Handelskette aus dem Elektrobereich. „Alles für 0%“ steht da. Und „…nur diese Woche“. Das juckt schon beim lesen, ich gebe es ja zu. Vielleicht weißt du schon, dass das ein Trick ist. Trotzdem juckt es.
In diesem Artikel zeige ich dir, die beschäftige ich mich mit den ständig wiederkehrenden Tricks, die dich von deinem Weg abbringen sollen und wie du dich dagegen wehren kannst.
Falle 1: „Das war noch nie so billig wie heute“
Natürlich ist es gut, Sonderangebote zu nutzen. Wenn du Dinge des täglichen Lebens billiger bekommen kannst, ist das immer eine gute Sache. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn es sich um Dinge handelt, die nicht ständig nachgekauft werden müssen.
In so einem Fall gilt: Überlege erst wann du eine Neuanschaffung wirklich brauchst. Vor allem bei Elektronik gilt die Regel „was heute 100 Euro kostet, gibt es nächste Woche schon für 90 Euro“. Insofern ist hier die Aussage „So billig wie noch nie“ die Wahrheit. Eine vergängliche allerdings. Also lasse dir nicht erzählen, dass du besser sofort zuschlagen musst als später. Auch dann nicht, wenn die 15 Megapixel Kamera wirklich noch nie so billig war wie heute. Spätestens nächste Woche war sie nämlich noch nie so teuer wie letzte Woche.
Falle 2: „Nimm 3, zahl 2“
Im Klartext bedeutet das 33% Rabatt, wenn ein Teil von dreien kostenlos ist. Ok, und wozu brauchst du drei paar Handschuhe? Du hast keine 6 Hände. Also gut, bei Dingen wie weißen T-Shirts, die später als Unterhemd dienen sollen, da ist so ein Angebot nicht schlecht. Für fast alles andere ist es aber nichts anderes als der Versuch, dich dazu zu bringen, dass du von irgendwas zwei Stück kaufst statt nur eines.
Wenn du darauf eingehst, hast du 100% mehr ausgegeben als du ursprünglich wolltest. Du kannst nicht wirklich drei Brillen aufsetzen. Du wolltest nicht wirklich drei Faschingskrapfen essen, oder? Einer hätte dir gereicht. Aber das Angebot war halt so gut. Und schon ist das doppelte Geld weg.
Falle 3: „Kauf jetzt, zahle später“
Klingt gut – Ebbe in der Kasse, das neue Smartphone erst nach Gehaltseingang zu bezahlen, das erspart die Dispo-Zinsen. Da hat man doch auch was gespart. Jupp, stimmt erst mal. Die Stundung der Zahlung macht jedoch den Kauf nicht billiger. Und nur weil der Kauf keine Zinsbelastung bedeutet, war er doch nicht „günstiger“ als zu einem anderen Zeitpunkt.
Falle 4: „Die unschlagbare 0%-Finanzierung“
Alle paar Monate kommt sie wieder, die unglaubliche Finanzierung für 0,0 % Zinsen über zwei oder mehr Jahre. Ein Kauf von beispielsweise 299 Euro für die neue Surround-Sound-Anlage schrumpft auf diese Weise anscheinend völlig ohne Mehraufwand auf erträgliche 20,79 Euro monatlich zusammen. Bei der Gelegenheit (und weil das 0%-Angebot erst ab 300 Euro gilt) kann man auch gleich den alten Langweiler-Fernseher gegen einen schicken 70″ LED-TV austauschen, ebenfalls „für nix“, wie die Werbung verspricht. 999 Euro durch vierundzwanzig sind ja nur noch etwas mehr als 41 Euro, das geht schon, ist ja nur für knapp 3 Jahre.
Erkennst du schon, wo das Problem ist? Machen wir’s kurz, es liegt in zwei Aspekten, die man nach kurzem überlegen sehr schnell erfasst:
- Ein Ratenkredit kostet Zins. Irgendjemand muss diese Zinsen bezahlen. Dieser jemand bist du.
In der momentanen Minizins-Phase mit massenhaft ehrlichen 1,99%-Angeboten im Kreditgewerbe spielt dieser Aspekt offen zugegeben kaum noch eine Rolle. Aber auch diese Zinsphase wird irgendwann enden und daher solltest du dir immer darüber im Klaren sein: Das Angebot beinhaltet den Marktzins bereits. Es gibt nicht wirklich etwas geschenkt.
Ich habe vor Jahren einmal in einer „Ich bin doch nicht blöd“-Filiale versucht, ein Elektrogerät während einer dieser Finanzierungswochen bar zu zahlen, wenn ich dafür einen Nachlass bekomme. Damals waren die Zinsen noch bei 2,99% und daher wollte ich 3% Nachlass bei Barzahlung haben mit dem Argument, dass die Handelskette dann doch die Zinsen sparen würde. Ich habe den Nachlass nicht bekommen. Warum wohl nicht? - „Steter Tropfen höhlt den Stein“
Wenn du so ein Angebot in Anspruch nimmst, dann denkst du erst mal nicht daran, wie der Ratenbetrag dich einschränken wird – und zwar nicht jetzt, sondern für volle 3 Jahre (oder mehr). Was bedeutet das konkret?
Ich nehme an, dass deine Haushaltsplanung ähnlich ist wie meine. Das bedeutet, es gibt kein Budget „neuer Fernseher“. Also gut, dann denke jetzt kurz an das Spaßbudget. Nehmen wir mal meins. Es beträgt 150 Euro monatlich. Die Surround-Sound Anlage sind nun die oben scherzhaft genannten 20,79 Euro, der Fernseher ca. 41 Euro.
Das bedeutet, dass von deinem Spaßbudget nun noch rund 88 Euro, also etwas mehr als die Hälfte, übrig sind.
Einmal kann ich das machen. Mein Kauf bedeutet aber, dass das nun die nächsten 3 Jahre mein Spaßbudget nur noch 88 Euro beträgt.
Spätestens jetzt wird dir klar sein, dass es ab nun völlig egal ist, wie hart du dich jetzt noch ran nimmst: In den kommenden 33 Monaten ist damit jeglicher Versuch, sparbuchmäßig wie geplant von der Stelle zu kommen, völlig vergeblich geworden. Das ist schlicht nicht durchzuhalten.
Falle 5: „Neu und jetzt noch besser“
Alle Firmen leben vom Absatz. Je schneller man den Kunden neue Waren verkaufen kann, desto höher die Einnahmen. Ob alles was neu ist, auch automatisch besser ist, das überlasse ich gerne dir. Du ahnst schon, wie ich die Sache sehe und daher empfehle ich: Denk vor dem Kauf ein einziges Mal ausgiebig über gebrauchte Waren nach.
Ich nehme gleich das dramatischste Beispiel: Für viele gibt es kaum einen erotischeren Duft als den eines Neuwagens. Ich gehöre auch zu diesen Leuten. Dennoch habe ich seit meinem ersten Auto noch nie einen gekauft. Warum? – Ganz einfach: das erste Mal am Zündschlüssel drehen kostet 6.000 – 8.000 Euro. Wenn du auch nur die 4 km vom Händler nach Hause fährst und den Wagen dann sofort zum Verkauf ausschreibst, dann ist das ungefähr der Betrag, den du weniger bekommen wirst, als du 15 Minuten selbst dafür bezahlt hast. Diesen Wertverlust darf nach meiner Meinung gerne jemand anderes finanzieren. Kein Duft der Welt ist mir diesen Betrag bislang wert gewesen.
Wir können es aber auch kleiner angehen: Ich mag mein iPhone. Wenn ich jedoch sehe, mit welchem Nachdruck mir das neueste Modell angebiedert wird, das im Grunde nicht wirklich was Neues kann, dann muss ich auch hier sagen: Danke, ich überspringe mindestens immer die „S“-Version und kaufe die letzte Generation bei Ebay. Auch dort gebe ich etwas mehr aus und kaufe nicht das mit den meisten Gebrauchsspuren. Aber bis jetzt ist mir noch jedes Handy irgendwann mal auf die Kante gefallen, also darf es gern eine Macke schon haben, wenn ich dadurch 350 Euro sparen kann. Man regt sich ja bekanntlich über die erste Macke immer am meisten auf.
Wenn du den Gedanken nachvollziehen kannst, dann kannst du den natürlich bis zu Second-Hand Klamotten ausdehnen. Musst du aber nicht. Denk über die großen Posten nach. Auto, Elektronik, Möbel – das reicht meist schon. (Siehe auch „Sparen an der richtigen Stelle„)
Falle 6: Der „wie-für-dich-gemacht“-Kredit
Du überlegst dir eine kurze Überziehung deines Girokontos. Es ist ja nur bis zum nächsten Gehaltseingang, denkst du. Stimmt. Es sind ja nur 69,90 Euro denkst du.
Stimmt auch. Aber genau betrachtet ist der Dispositionskredit die teuerste Finanzierung, die es gibt. Gerade in der Null-Zins-Phase ist es ein Wunder, dass noch kein Gericht es dem „Wucher-Paragraphen“ zugeschlagen hat.
Der Zins, den du bekommst, liegt dagegen aber bei 0,5 % oder weniger. Das heißt, die Banken selbst können sich Geld noch billiger beschaffen, sonst würdest du diese 0,5 % ja gar nicht bekommen. Ich bin Kunde der Targobank. Wenn ich mein Konto überziehe, dann liegt mein Dispo gerade bei 9,63 % (Stand Januar 2016). Das ist das 19,26-fache oder 1926 % mehr als du für gespartes Geld dort bekommen kannst.
Als Alternative holst du dir mehr Geld in einem richtigen Kredit. Der ist natürlich deutlich günstiger, weil er deiner Bank nicht spontan vom Tisch gezogen wird wie wenn du ohne Vorankündigung deinen Dispo ausreizt. Bei meiner Bank kostet dich das im Moment 3,95% im billigsten Fall. Das ist immer noch das 7,9-fache oder 790 % mehr als du auf kurzfristigen Spareinlagen bekommst – Kein guter Deal.
Wie kannst du diesen Verlockungen entgehen? Meine Ratschläge
Als Überlebenstipp gebe ich dir an dieser Stelle 3 praktische Ratschläge, die mir selbst sehr gut geholfen haben. Sie lauten:
1) Schaue dir keine Werbung an
Wenn ich am Donnerstag das lokale Anzeigenblatt aus dem Briefkasten hole, dann führt mein erster Weg zum Papiermüll. Dort schüttele ich zuerst alle Beilagen aus dem Blatt direkt in die Tonne. Erst dann nehme ich die Zeitung mit in die Wohnung.
Warum? – Weil mir die enthaltene Werbung nicht beim Sparen hilft, auch nicht die Werbung mit den Aktionspreisen und -rabatten. So absurd das klingt, die Wahrheit ist das genaue Gegenteil: Es ist wie hungrig zum Einkaufen fahren. Wenn ich die Werbeblättchen anschaue, dann fällt mir ganz plötzlich ein, was ich auf einmal alles „dringend brauchen könnte“. Es entstehen plötzlich Wünsche und Begehrlichkeiten, die ich zuvor überhaupt nicht hatte. Das verlockt eher zu Ausgaben als zum Sparen.
Mach das unbedingt mal eine Weile mit dem Ignorieren von Werbung. Das gilt auch für das Fernsehen. Schalte um, wenn der Werbeblock kommt oder mache ihn stumm und schenke die Zeit deinen Freunden in Whatsapp. Du wirst schnell zweierlei feststellen:
- Du brauchst auf einmal viel weniger.
- Wenn du wirklich etwas brauchst, dann findest du auch ohne die Werbeblättchen sofort eine Möglichkeit, günstig dran zu kommen. In Zeiten des Internets gibt es die Situation gar nicht mehr, dass man ein Sonderangebot tatsächlich verpasst hat.
2) „Eins raus, eins rein“
In der Praxis bedeutet dies, es gibt genau dann ein neues Hemd, wenn du soeben beschlossen hast, dass ein altes nun doch in den Altkleidersack wandern muss. Es gibt genau dann einen neuen PC, wenn du den alten wirklich nicht mehr ertragen kannst, weil er zu langsam oder defekt ist. Du kaufst genau dann die neuen Schuhe, wenn ein paar alte in den Müll wandern sollen, nicht vorher und schon gar nicht, weil grade Schlussverkauf ist.
Dass dieses tolle Hemd im Schlussverkauf statt 69 Euro nur noch 49 Euro kostet, heißt nicht, dass du 20 Euro sparst, wenn du es kaufst. Es heißt, dass du 49 Euro ausgibst, obwohl du in diesem Moment eigentlich kein neues Hemd gebraucht hast.
3) Mach nicht das, was alle tun
„Wünsche werden sofort erfüllt, bezahlt wird später“. Es ist modern geworden, das Kaufen auf Pump. Doch auch ein billiger Kredit kostet Geld. Es ist töricht, wochenlang nach dem billigsten Preis Ausschau zu halten und dann etwas auf Kredit zu kaufen, sodass dich das Produkt durch die Zinsen auf einen Dispo-Kredit am Ende doch wieder 10% mehr kostet.
Urlaub auf Pump? Auch sehr modern, ich weiß. Bleibt der Urlaub wirklich in schöner Erinnerung, wenn du dann wieder bei deiner Arbeit bist und 12 Monate lang an etwas abbezahlst, dass schon lange vorbei ist?
Falle nicht auf die Tricks herein, die an jeder Ecke lauern: Kauf deine Sachen, sobald du sie bezahlen kannst. Ich versichere dir, es wird auch später noch Hemden / PCs / Schuhe und tollen Urlaub geben und du wirst das alles auch dann zu guten Preisen finden und ohne dass du dir dazu das Geld noch leihen musst. Dann bist du in einer Situation, in der du dein Geld ausgeben kannst in dem Bewusstsein, deinem Vorhaben treu geblieben zu sein und nicht, weil gerade jemand an der großen „Jetzt oder nie“-Alarmglocke geläutet hat.
Und warum es unklug ist, auf Kredit zu kaufen, das erfährst du im nächsten Teil. Warum sind Konsumschulden so gefährlich? Das steckt wirklich dahinter